If you care to find me look to the western sky!
Elphaba. Wicked.
Wir schreiben den 30. Oktober 2018. Seit meiner Abreise vor knapp zwei Monaten ist auf dieser Seite erst ein Eintrag erscheinen, dafür bitte ich um Verzeihung. Die letzten Wochen waren sehr ereignisreich und ich hatte nie wirklich Zeit mich hinzusetzen und einfach Mal zu schreiben. Heute allerdings ist in der Arbeit so wenig zu tun, dass ich beschlossen habe mich einfach mit Kaffee und Kuchen hinter meinem Schreibtisch zu verschanzen und euch ein kleines (oder großes mal schauen) Life-Update zu geben.
Meine bisherige Reise lässt sich in drei Etappen separieren: Ausreiseseminar, Einreiseseminar und das Leben danach.
Ausreiseseminar:
Am 3. September war es dann also so weit; die Koffer waren gepackt, die Menschen verabschiedet. Wir also ins Auto, zum Flughafen. Mich von meiner Familie zu verabschieden war ein komisches Gefühl. Da war auf der einen Seite die Trauer diese ein Jahr lang nicht zu sehen, auf der anderen Seite die Vorfreude auf das was kommen sollte. Trotz Aufregung passierte mir das, was mir auf Flügen nach Berlin immer passiert: ich schlief noch auf der Startbahn ein. In Berlin angekommen ging es dann nach dem obligatorischen auf die Koffer warten mit Bus und Bahn weiter nach Hirschluch. Hirschluch, für alle die sich darunter nichts vorstellen können, ist eine irgendwo im nirgendwo liegende “Jugendbildungsstätte”. Es ist schwer diesen Ort jemandem zu beschreiben, der noch nie da war, deshalb versuche Ich das erst gar nicht. Lasst euch aber gesagt sein, dass es ein sehr schöner Ort ist. Freundlicherweise wurde Ich schon vor meiner Ankunft von einem Mitfreiwilligen in ein gutes Zimmer gebucht, was die Ankunft auf jeden Fall leichter machte. Nochmal danke dafür Paul.
In der darauffolgenden Woche gab es viele Diskussion zu wichtigen Themen, Workshops und Lesungen. Das Programm war nicht zu voll und nicht zu leer. Positiv anmerken will ich auch, dass nicht jeder das selbe machen musste, sondern man immer die Wahl hatte, mit welchen Themen man sich befassen will. Abends wurde dann meistens Party gemacht. Insgesamt bleibt mir das Ausreiseseminar sehr positiv in Erinnerung… …die Gespräche, das nächtliche Baden im See, war schon schön. In der Nacht vom 10. auf den 11. September musste ich mich dann abermals von mir wichtigen Menschen verabschieden, es war die Nacht der Ausreise. Der Flug nach Philadelphia war fantastisch. Das Flugzeug war nicht sonderlich voll, sodass ich einen Gang und einen Fensterplatz zu Verfügung hatte. Das Essen an Bord war überraschend gut und die Filmauswahl bot ein paar Steifen, die ich ohnehin noch sehen wollte.
Einreiseseminar:
Nach Hirschluch also eine weitere Woche Seminar, diesmal aber in einer anderen Gruppenkonstellation und an einem anderen Ort. Das Chamounix Hostel in Philadelphia ist ein für US Verhältnisse sehr altes, schönes Farmhaus und das Interieur erinnert an eine Filmkulisse. Waren in Deutschland noch Themen wie z.B. der Holocaust an der Tagesordnung, so ging es während des Einreiseseminars überwiegend um landesspezifische Fragen, Verhaltensregeln und Politik. Ich würde schon sagen, dass mir diese Woche nochmal einen anderen Blick auf die USA gegeben hat. Gut und gerne erinnere ich mich auch an die Abende, in denen wir Klavier spielten, mit anderen Besuchern des Hostels sprachen oder die vending machine im Keller zum erliegen brachten. Am Montag der darauffolgenden Woche ging es dann endlich “nach Hause”.
Das Leben danach:
In Camden angekommen war ich erst mal sehr überrascht, nicht von der Situation, in der sich die Stadt befindet, nicht von all dem was man auf den Straßen sah, nein! ich war überrascht wie groß mein neues zu Hause war. Eingestellt hatte ich mich auf ein kleines Zimmer und eine noch kleinere Küche. Was mich erwartete war aber das komplette Gegenteil: 5 Schlafzimmer, ein Wohnzimmer mit Dartscheibe, ein etwas kleineres Wohnzimmer, einen Seminarraum, 6 Zimmer mit Stockbetten, einen Garten mit Basketballkorb, 2 Büros, 2 Esszimmer, 4 Bäder und eine riesige Küche. Noch überraschter war ich, als ich die Waschmaschine, den Trockner und das Klavier entdeckte. Vielleicht sollte ich erwähnen, dass mein Haus als Seminarhaus für Freiwilligengruppen dient, wir also über die Wochenenden meisten nicht alleine im sind. Allerdings gibt es eine Abtrennung zwischen dem “öffentlichen” Teil des Hauses und dem Teil, den nur die tatsächlich dort wohnenden Menschen betreten dürfen. Der findige Leser stutzte vielleicht im vorletzten Satz, als ich das Wort “wir” verwendete. Dabei schreibe ich natürlich nicht in der dritten Person von mir selber, sondern führe einen neuen Charakter ein, meinen Mitbewohner. Alec ist über 21 und wie ich ein Freiwilliger in Camden. Wir kommen gut miteinander klar, gehen Dienstags zusammen einkaufen und schauen regelmäßig Football auf seinem leider sehr kleinen Fernsehr. Abgesehen davon sieht man sich verblüffend wenig, was wohl an unseren unterschiedlichen Arbeitszeiten liegt. Arbeitszeiten ist dann wohl das Stichwort um in meiner Erzählung 10 Meter über die Straße an meinen Arbeitsplatz zu gehen. Lutheran Social Ministry’s of New Jersey bietet der ärmeren Bevölkerung des Landes Hilfe an. Das Büro in Camden stellt zum Beispiel bezahlbare Häuser zu Verfügung und verwaltet den ganzen Papierkram der Klienten. Jetzt könnte man fragen, was mein Job dabei ist, die Frage kann ich aber noch nicht wirklich beantworten, da ich ehrlich gesagt in der Arbeit nur herumsitze, Kaffee trinke und ab und zu Mal eine Akte von A nach B trage. Meine “Arbeit” bei LSMNJ beschränkt sich von Montag bis Donnerstag 9am — 2pm. Den Rest des Tages verbringe ich dann immer bei CASA, meinem zweiten Arbeitgeber. CASA ist ein Programm für Schulkinder. Wir helfen bei Hausaufgaben, kochen ein warmes Mittagessen und spielen spiele, Ziel ist es die Kinder von der Straße fern zu halten und wenn möglich Türen fürs Collage zu öffnen. Die Arbeit dort macht Spaß und ist mir aus meinen Zeiten in der Jungschar des CVJM nur allzu gut bekannt. Sonntags muss ich in die Kirche, um beim Gottesdienst zu helfen. Der “sunday service” unterscheidet sich sehr von dem in Deutschland, was nicht unbedingt etwas schlechtes, aber auch nicht unbedingt etwas gutes ist. Kirche funktioniert hier einfach anders. Nach der Arbeit gehe ich nach Hause und habe meistens noch keinen Hunger, da ich ja in der Arbeit schon gegessen habe. Daraus resultiert leider, dass ich meistens erst um zehn Uhr zu Abend essen und immer viel zu lange wach bleibe. “Raus gehen” funktioniert leider in Camden nicht wirklich, weil es nach Sonnenuntergang einfach zu gefährlich ist. Die News lese ich schon gar nicht mehr und die Schüsse, welche man nachts des öfteren hört, machen mir mittlerweile keine Angst mehr. Camden ist kein schöner Ort, aber deshalb bin ich ja hier. Zum Glück ist Philadelphia nur einen 15 Minuten Spaziergang über die Ben Franklin Brücke entfernt. Philadelphia ist eine wirklich schöne Stadt. Die für die Stadt bekannten cheesesteaks (Baguettes mit Fleisch und Käse) sind zu meinem liebsten Snack geworden und ich könnte nicht mehr ohne sie leben. Von Philadelphia aus braucht der Bus nach New York gut zwei Stunden. Da ich wie gesagt nicht wirklich viel unternehmen kann in Camden nutze ich diese Busverbindung sehr oft. 5 Wochen im Land war ich schon vier Mal in der Kulturhauptstadt und es war jedes Mal wundervoll. Für die Zukunft sind aber natürlich auch noch Ausflüge nach DC, Chicago, Bosten und all den anderen Städten geplant, in denen ASF Freiwillige stationiert hat. Weitere Ziele für dieses Jahr könnt ihr unter dem Eintrag bucket list finden. Ich könnte noch so viel mehr erzählen, denn die letzten Wochen waren voll mit Ereignissen, aber so langsam vergeht mir die Lust am Schreiben und ich bekomme Hunger.
Wie versprochen werden hier jetzt etwas regelmäßiger Einträge erscheinen, also schaut ab und zu vorbei. Bis dahin macht’s gut.
Luke.